In diesem Beitrag muss mir mal Luft machen.
In der heutigen Zeit ist es leider verpönt. Hat man eine diagnostizierte psychische Störung gilt man da als nicht Gesellschaftstauglich?
Menschen mit Depressionen sind nicht lebensfähig…
Borderliner können nicht lieben…
Essgestörte denken an nichts anderes als ans essen…
Und und und…
So ein Bullshit!
Sicherlich sind Menschen mit Depressionen in einem Körper gefangen, wo die Seele am liebsten sterben möchte. Menschen mit Borderline empfinden Gefühle viel intensiver, oder sie empfinden rein gar nichts…
Menschen mit Essstörungen denken mit Sicherheit nicht nur ans essen.
Natürlich gibt’s, wie in jedem Fall, einzelne, die so ticken. Aber in erster Instanz sind wir alle Menschen! Menschen mit Gefühlen…
Menschen…
Wir kommen auf die Welt um zu leben.
Keiner sollte das Recht haben, uns vorzuschreiben wie wir zu leben haben.
Niemand ist perfekt…
Niemand ist gleich…
Jeder ist auf seine Art und Weise einzigartig!
Wir alle haben das gleiche Recht unser Leben so zu gestalten, wie wir es für richtig halten.
Nur weil es die Gesellschaft nicht für die Norm hält, sind wir nicht ein Teil von euch.
In all den Jahren in denen ich stationär lag, habe ich jede Menge Menschen kennen gelernt.
Menschen, die jede Menge erlebt haben. Ihre Geschichten haben mich berührt… Teilweise geschockt, was diese Personen erleiden mussten…
Unter ihnen waren so viele tolle Seelen. In der Klinik hab ich mehr normale Leute kennen gelernt, als draußen in der freien Welt…
Und dennoch ist es leider so, dass sich viele ihrem sogenannten Schicksal untergeordnet haben.
Zu oft wurden solchen Menschen ein Floh ins Ohr gesetzt, dass sie nicht richtig ticken. Dass sie sich gefälligst anpassen sollen.
Irgendwann glaubt man dann die Scheiße, die einem immer und immer wieder eingetrichtert wird.
Sie verbiegen sich, um irgendwie dazu zu gehören.
Sie werden zu anderen Personen…
Doch wenn man sich intensiver mit solchen Menschen unterhält, lernt man das wahre Ich von jedem einen.
Ich finde es schade…
Schade, dass man so schnell einen Stempel bekommt, oder in eine Schublade gesteckt wird, ohne gefragt zu werden. Und das alles um dazu zu gehören?
Ist es das wert?
Ich persönlich hab mich noch nie in irgendeiner Schublade wohl gefühlt… Viel zu früh hab ich mir ein Floh ins setzen lassen, wie ich zu sein habe.
Mit den Konsequenzen habe ich jetzt zu kämpfen.
Mit jedem Klinik Aufenthalt komme ich meinem wahren Ich näher. Und dennoch ist es noch ein sehr weiter Weg für mich… Zu viele Baustellen sind zu bearbeiten.
Zu oft wurde ich eben in so eine Schublade gesteckt, ohne es zu wollen…
Das war mal ein langer Text. Aber ich hab das mal gebraucht… Zu lang hat sich die Gesellschaft in meine Angelegenheiten eingemischt.
Es ist mein Leben.
Merkt euch das…
Ein toller Beitrag! Und so wahr, jeder Mensch ist halt besonders und sollte nicht auf eine Krankheit oder etwas anderes reduziert werden, sondern im Ganzen als Persönlichkeit wahrgenommen werden.
Das wollte ich mal da lassen 😉
Liebe Grüße Elli
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Selbst Betroffene machen da so Unterschiede… Das merke ich hier in der Klinik. Traurig aber wahr…
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In erster Linie sind wir alle Menschen. Nur haben die einen es etwas leichter und die anderen etwas schwerer.
Ich ärgere mich auch immer wieder darüber, wenn dumme Sprüche kommen über psychische Erkrankungen oder dieses typische Schubladendenken.
Auch dass man in unserer Gesellschaft aus sowas ein Geheimnis machen muss. Als müsse man sich schämen. So im Berufsleben zum Beispiel. So muss man dann seine Narben verstecken, muss so tun als sei man wie alle anderen, eine Maske auflegen.
Oder man bekommt gesagt man sei zu kalt. Dabei kann man Gefühle vielleicht nur nicht so zeigen. Für einen sind Freunde oftmals vielleicht mehr wie Bekannte, das Gefühl ist halt flacher als beim anderen. Doch das sei nicht normal.
Auf der Arbeit in der Pflege dann manchmal auch dumme Sprüche über Senioren, die sich das Leben nehmen wollten oder über eine Kollegin, der es nicht gut geht, die sei bestimmt in der Psychiatrie, die sei ja immer schon so labil. Da möchte man am liebsten an die Decke gehen bei so viel Empathielosigkeit.
Was ist denn heute schon normal? Ganz ehrlich. Viele, die denken normal zu sein haben auch so ihre Baustellen.
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Ich hoffe für Dich, dass Dir die Meinungen anderer irgendwann total egal sein werden, weil Du zu Dir stehen kannst. Weil Du es für Dich akzeptierst, dass Du eben instensivere Gefühle hast. Weil Du es für Dich akzeptierst, dass Du umfangreicher und differenzierter als andere denken kannst. Weil Du es für Dich akzeptierst, eben anders zu sein. Denn meiner Erfahrung nach geht es nicht zuerst darum, Probleme mit dem außen zu haben, sondern die Probleme machen wir uns häufig selbst. Mit Selbstbildern von uns, die so nicht (mehr) stimmen. Mit fehlender Akzeptanz für das, was uns eben anders macht und mit fehlendem Handwerkszeug unsere Zukunft und uns selber zu beeinflussen. Die Vergangenheit, die uns geprägt hat, kann schlimm gewesen sein. Aber sie ist vorbei und was vorbei ist, kann seine Macht verlieren, wenn wir es wollen. Jetzt ist die Möglichkeit für Veränderung.
Ich habe mal einen schönen Vergleich gelesen, der sich mir tief eingebrannt hat. Da wurden Menschen mit intensivsten Gefühlsleben mit Araberpferden verglichen. Wenn der Reiter nun ständig vom Araberpferd herunterfliegt, hat dann das Pferd daran Schuld? Oder liegte es nicht vielmehr an dem Reiter? Willst Du allen Ernstes lieber einen Kaltblüter im Stall? 😉
Ich kann vieles was Du geschrieben hast, nachvollziehen. Und wenn ich like, habe ich ein zweigeteiltes Gefühl. Denn ich weiß auf der anderen Seite, wie weh es tun kann in diesem Auf und Ab zu stecken. Intensivste Gefühle und die Kehrseite davon innere Leere. Das Gefühl der Leere, des Fremdseins vor allem unter Menschen, weil man sich zu sehr von ihren Worten und Gesten beieinflussen lässt. Es fehlen die Scheuklappen. All das ist zermürbend und macht mutlos.
Aber ich will Dir Mut machen, Du kannst lernen, damit umzugehen und Wege finden, die Stimmungsschwankungen abzuschwächen. Ich reite heute noch immer einen Araber, aber ich verstehe ihn, akzeptiere ihn, schätze ihn und würde ihn niemals mehr hergeben wollen…
Alles Gute für Dich! Simone
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Danke für die tollen Worte. Es ist wirklich schwer, seinen Platz in so einer Welt zu finden, in der ich mich nicht wohl fühle. In der ich mich wie ein Außerirdischer fühle…
Es stimmt, dass es wenig Sinn macht, so an der Vergangenheit zu hängen. Denn was hat sie mir denn gebracht, außer Kummer und Leid!?
Und dennoch… So einfach los zu lassen ist extrem schwer. Gerade weil man es nicht anders kennt…
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Ja, ist nicht einfach, aber Du kannst das wuppen, ganz sicher!
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