Mein letztes Wochenende in der Klinik. Die Entlassung steht bald an…
Einerseits bin ich froh, dass ich wieder raus komme.
Ich hab viel gelernt… Vor allem über mich und meine Bulimie.
In diesem stationären Aufenthalt habe ich neue Leute kennen lernen dürfen.
Meine Mädels von unserem Tisch sind alle so nett zu mir gewesen. Haben mich als Mensch akzeptiert…
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verlasse ich Mitte der Woche die Ananke Klinik in Freyung.
Allein die Umgebung hier hat’s mir sehr angetan! So eine tolle Natur! Überall Berge und Wald so weit das Auge reicht…
Ich habe hier gelernt, dass ich es schaffen kann. Ich schaffe es, mehrere Wochen nicht zu kotzen. So einen langen Zeitraum habe ich ich bisher noch nie geschafft!
Allerdings haben sich meine anderen Störungen in mir breit gemacht.
Suchtverlagerung…
Durch das nicht kotzen dürfen bzw wollen, hat der Borderliner in mir die Kontrolle übernommen.
Jeden Tag das Verlangen mir weh zu tun. Mich zu verletzen… Mir Schmerzen zuzufügen! Nur, damit ich den Druck los bekomme.
Mit Schlägen gegen Wände und Schranktüren konnte ich ein wenig mich spüren…
Das Verlangen nach Schmerz hat mich den ganzen Tag und auch in der Nacht verfolgt. Wahrscheinlich ein Grund, warum ich hier nicht gut schlafen konnte.
Sobald ich in München bin, brauch ich ein Fahrrad. Das muss ich mir schnellstmöglich besorgen.
In manchen dunklen Phantasien male ich mir aus, wie ich meine Schere nehme und mich ritze… Anfangs hat es mich noch beängstigt. Aber dieser Gedanke wird von Tag zu Tag stärker.
Mit Tabletten rudern die Ärzte hier dagegen. Ich bekomme Tavor und Zyprexa. Ähnlich wie Tavor verhält sich Zyprexa stark beruhigend…
Ich habe ein klein Funken Hoffnung, wenn ich mich wieder richtig mit Sport beschäftige, dass dann dieser Suchtdruck abklingt.
Ab Mitte der Woche schlage ich ein neues Kapitel auf.
München!
In der ANAD Wohngruppe lerne ich hoffentlich wie ich ein normales Leben führen kann.
Aber in mir macht sich auch die Angst immer bemerkbarer.
Wieder was neues…
Wieder neue Leute…
Anderes Konzept…
Fremde Stadt.
Bis ich mal mit Leuten warm werde, wird wohl ewig dauern.
Einsamkeit macht sich in meinem Kopf breit.
Welcher Mensch ist schon gern allein… Ich denke, da spreche ich für so ziemlich alle, niemand ist gern allein.
Ich war immer gern allein. Aber ich möchte nicht mehr alleine sein… Doch in mir hat sich eine riesige Mauer errichtet, die ich alleine nicht einreißen kann.
Mit Freunden wäre das vielleicht möglich. Aber diese Art von Einsamkeit meine ich gar nicht.
Ich möchte nicht mehr alleine durchs Leben gehen.
Ich möchte geliebt werden.
Freunde mögen mich… Das ist schön! Ich freue mich auch auf jeden einzelnen Freund, den ich so nennen darf.
Eine Freundin meinte letztens zu mir, bevor ich eine Frau suche, sollte ich mich erst mal selbst lieben lernen.
Hm…
Ich hätte ihr gern gesagt, dass das wohl nie der Fall sein wird.
Ich kann mich nicht lieben. Das muss wohl jemand anderes tun.
Ich brauche einen Grund zum Leben. Die Liebe einer Frau wäre so ein Grund…
Klingt verrückt, oder?? Sich abhängig machen von der Liebe einer Frau?!?
Für mich der einzige Grund, es weiter zu versuchen.
Versuchen zu leben…
Vielleicht klappt es ja dann…!?