Ich denke mal, dass jeder von euch die ein oder andere Gewohnheit an den Tag legt. Rituale, die man sich im Laufe des Lebens angeeignet hat. Man nennt sie auch Marotten…
Ich zum Beispiel: morgens nach dem Aufstehen muss als Erstes eine Kippe her. Danach ein Kaffee. Das brauche ich, um den Tag starten zu können. Solche Verhaltensmuster kann Sicherheit vermitteln… Sie sind eine konstante im Leben… Was man aus dem Effeff kann. Diese Marotten können allerdings auch, wie es in dem Klinikjargon heißt, dysfunktional sein. Sowie bei mir die Kippe am Morgen.
Nach eigentlich jeder Entlassung aus der Klinik versuche ich wenigstens ein paar Marotten abzulegen. Und einige konnte ich auch schon zu den Akten legen. Meine Kotzerei hab ich seit der Entlassung komplett sein lassen. Auch das tägliche auf die Waage steigen hab ich mir vor geraumer Zeit abgewöhnt. Ich trete nicht mehr jedem Menschen misstrauisch entgegen. Verdächtige die Leute nicht mehr, hinter meinem Rücken über mich zu lästern.
Manche Marotten kann man schwer loswerden. Gerade die, die man gefühlt sein ganzes Leben schon hat. Die einem Sicherheit geben, wenn man das Gefühl hat, die eigene Welt bricht zusammen. Egal ob dysfunktional oder nicht. Sie geben einem Halt. Süchte sind da ein sehr gutes Beispiel. Es ist egal, welche Art der Sucht. So wie bei mir die Kippe oder das Kotzen…
Die Bulimie hat mir das Gefühl gegeben, dass ich Kontrolle über was habe. Meine erste Intension war es damals, mein Gewicht zu kontrollieren. Das hab ich dann mit dem täglichen wiegen überwacht. Am Ende hat die Zahl auf der Waage dann mein Tag kontrolliert. War sie niedriger als am Vortag, war es ein guter Tag.
Nach und nach konnte ich eine schlechte Angewohnheit ablegen. Man könnte sagen, dass ich in jedem Klinikaufenthalt eine alte Marotte losgeworden bin. Es gibt noch genügend von den Gewohnheiten, die ich wohl niemals loswerde. Allerdings habe ich noch genügend Zeit, um daran zu arbeiten.